Trotz schwerster Kriegsverletzung nicht resigniert (Geschichte eines Kaldauers)

Wilhelm Schwarz blieb ein Mann der Tat

In Kaldauen geboren und aufgewachsen, lernte Wilhelm Schwarz schon früh die Grauen des Krieges kennen. Mit erst 19 Jahren wurde der junge Soldat als Panzerfahrer in der Normandie eingesetzt, wo sein Fahrzeug 1943 durch einen Bombenangriff getroffen wurde. Er überlebte schwer verletzt, ein Granatsplitter hatte seine Wirbelsäule zertrümmert und eine Niere weggerissen. Weil für seine Behandlung in Frankreich kein Lazarett zur Verfügung stand und auch in Deutschland kein Krankenhaus ihm helfen konnte, wurde er in ein deutsches Kriegsspital im Libanon geflogen. Nach Kriegsende kehrte der querschnittgelähmte Mann im Herbst 1945 wieder nach Kaldauen zurück. Mit seiner Mutter, die ihm bis zu ihrem Tode aufopfernd zur Seite stand, lebte er im elterlichen Haus in der damaligen Unterdorfstraße, die später in Kapellenstraße umbenannt wurde. Die schwere körperliche Behinderung war für Wilhelm Schwarz jedoch kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Er blieb ein Mann der Tat, sein Selbstbewustsein und Durchsetzungsvermögen blieben ungebrochen, er war nie depressiv, nutzte alle Möglichkeiten der körperlichen Ertüchtigung. Er eröffnete im Haus Kapellenstraße Nr. 8 zunächst eine Leihbücherei, die er später zu  einem Gemischtwarenladen erweiterte. Hier war er in seinem Element, begrüßte die Kunden mit gleichbleibender Aufmerksamkeit, die sich selbst bedienen konnten. Wenn Waren in den oberen Regalen nur schwer erreichbar waren, nahm der Kaufmann einen Stock zu Hilfe. Als der kleine Supermarkt wegen eines zwischenzeitlich in unmittelbarer Nähe eröffneten Lebensmittelgeschäftes sich nicht mehr rendierte, wurde er Mitarbeiter der Firma Homa-Pumpen; ihre Aufträge erledigte er in Heimarbeit.  1966 heiratete Wilhelm Schwarz, seine Ehefrau Erika brachte ihre siebenjährige Tochter Ingrid mit in die Ehe. Einige Jahre später wurde das Mädchen eine wichtige Bezugsperson für ihren Adoptivvater. Mit zwölf Jahren übernahm sie seine Betreuung, war stets für ihn da. Die dabei gemachten Erfahrungen haben sie sehr geprägt und motivierten sie später, eine Ausbildung zur Krankengymnastin zu beginnen. Wilhelm Schwarz engagierte sich in seiner Freizeit zudem beim Kaldauer Sportverein lange Zeit als Geschäftsführer. Bei jedem Fußballspiel war er dabei. Mit seinem PKW parkte er dann jeweils in unmittelbarer Nähe des Platzes und verfolgte von dort aus das Spielgeschehen. Die Schwere der Kriegsverletzung und die ständige Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten blieben für ihn allerdings nicht ohne Folgen. Bald ließen seine Kräfte nach und er starb im Jahre 1983 im Alter von 59 Jahren. Seine Tochter Ingrid Atzert, nun Mitarbeiterin in einer Praxis für Prävention in Siegburg, ist es wichtig, 80 Jahre nach dem folgenschweren Bombenangriff an die Lebensleistung ihres Vaters deshalb zu erinnern, weil er „ein Vorbild für alle vom Schicksal schwer heimgesuchten Menschen ist und war“.

Fotos (Archiv Ingrid Atzert):

1. Nach der schweren Kriegsverletzung war Wilhelm Schwarz sein Leben lang auf einen Rollstuhlangewiesen.

2. Urlaub in den Bergen: Wilhelm Schwarz und seine Adoptivtochter Ingrid.